Benthos-Ökologie

Ökologische Begleitforschung zur Windenergienutzung im Offshore-Bereich auf Forschungsplattformen in der Nord- und Ostsee (BeoFINO)

Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)

Die im Boden verankerten Piles der Windenergieanlagen führen zu Veränderungen der hydrodynamischen Verhältnisse im Umfeld der Piles. Aus Untersuchungen an Schiffswracks und künstlichen Riffen ist bekannt, dass diese hydrodynamischen Veränderungen zu Auskolkungserscheinungen, Korngrößenveränderungen und zu Anhäufung von organischem Material führen. Die Entwicklung der Lebensgemeinschaften des Meeresbodens wird durch die Ansiedlung und die Rekrutierung meroplanktischer Larven maßgeblich gesteuert. Diese Prozesse sind abhängig von der Hydrographie, den Sedimentbedingungen und dem Angebot von Hartsubstraten. Eine Veränderung dieser Parameter durch z.B. Offshore-Bauwerke hat einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der Lebensgemeinschaften am Meeresboden. Demzufolge verändert sich die Zusammensetzung der Weichbodengemeinschaft. Zusätzlich stellen die Piles ein künstlichem Hartsubstrat dar, welches zu einer Ansiedlung von Organismen führt, die in Weichbodengemeinschaften sonst eher selten bis nie vorkommen.

Das Ziel des Projektes "BeoFINO" war es, Methoden und Kriterien zu entwickeln, um potentielle Auswirkungen von zukünftigen Offshore-Windenergieanlagen auf die marine Umwelt zu untersuchen. Die Koordinierung lag im Verantwortungsbereich des Alfred-Wegener-Institutes für Polar- und Meeresforschung (AWI).

BeoFINO war eingebunden in die Begleitforschung zur Windenergienutzung im Offshore-Bereich der Nord- und Ostsee, die vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) finanziert wird.

Vorgehen und Ziele

Untersuchungen von:

  • der jahreszeitlichen Entwicklung der planktischen Larven und des Larvenvorkommens.
  • Veränderungen der Bodengemeinschaft im Nahbereich der Piles durch den potentiellen Einfluss von künstlichen Hartsubstraten.
  • Ansiedlungsprozessen durch Photoaufnahmen direkt an einem Pile der Forschungsplattform.

Beprobung des Meeresbodens
Mit Hilfe der Benthosproben wurden die Veränderungen der abiotischen Parameter (u. a. Sedimentzusammensetzung) und der Bodenlebensgemeinschaft untersucht. Die Analyse der Lebensgemeinschaft bezog sich auf die räumliche Verbreitung der verschiedenen benthischen Arten und die Besiedlung des Meeresbodens durch planktische Larven.

Beprobung der Wassersäule
Die Planktonproben zeigten die saisonale Zusammensetzung des Planktons und des Larvenangebotes.
Dabei wurden Informationen gewonnen über die Artenvielfalt und die Anzahl der meroplanktischen Larven, die sich potentiell auf dem Meeresboden ansiedeln können.

Erfassung der Besiedlung am Pile
Die Unterwasseraufnahmen geben Hinweise über die Artenzusammensetzung, Dichte, Saisonalität und Geschwindigkeit der Besiedlung der Organismen am Pile.

Ergebnisse

Meroplankton

Als Meroplankter werden Organismen bezeichnet, die nur ihre Larvalphase als Planktonorganismen in der Wassersäule verbringen. Viele marine Evertebraten haben planktische Larvenstadien. Vor allem für sessile oder langsam bewegliche Tiere haben diese Larven für ihre Verbreitung eine große Bedeutung. Die meroplanktischen Larven siedeln sich nach ihrer Entwicklungsphase im Plankton hauptsächlich wieder auf dem für ihre Art typischem Substrat an.

Besiedlung und Sukzession

Die Dokumentation der Ansiedlungsprozesse und der Sukzession der Organismen an dem Pile als künstliches Hartsubstrat erfolgte mit einem neu entwickelten Unterwasser-Photosystem. Wöchentlich wurden Photos des Piles in verschiedenen Tiefenstufen gemacht.

Im August 2003, einen Monat nach der Installation der Plattform auf See, wurde der Pile bereits vollständig von Hydrozoen besiedelt. Die Abundanz diese Organismen erreichte im August ihren maximalen Wert mit einer fast vollständigen Bedeckung der Pileoberfläche. Die Dominanz der Hydrozoen reduzierte sich innerhalb von ca. 4 Wochen sehr stark. Ende August erschienen Bryozoen und parallel dazu auch Nacktschnecken. Die am Pile beobachteten Arten der Nacktschnecken ernähren sich hauptsächlich von Hydrozoen und Bryozoen.

Der September wurde hauptsächlich durch die Besiedlung von Actinien bestimmt. Eine deutliche Veränderung in der Bewuchsgemeinschaft war im Oktober erkennbar. Während die Bryozoen einen starken Rückgang aufwiesen, bedeckten Wohnbauten von Amphipoden und Polychaeten den Pile an mehreren Stellen fast völlig. Seit Ende Oktober hat sich die Situation am Pile nicht wesentlich verändert. Dies war zu erwarten, da sich die Ansiedlung von Organismen im Winter reduziert. Ein weiteres Fortschreiten der Sukzession ist allerdings auch im Winter zu erkennen; so konnte ein leichtes Anwachsen der Amphipoden-Polychaeten Gemeinschaft und die Ansiedlung einiger Miesmuschelindividuen beobachten werden.

Nach der Auswertung der gesamten Photoserien und der genauen Artbestimmung der angesiedelten Organismen durch Kratzproben, ist eine Aussage über die saisonale Zusammensetzung und Besiedlungsdichte der Bewuchsgemeinschaft möglich.

Berichte

Den Schlussbericht zum BMU Projekt "Benthosökologische Auswirkungen von Offshore-Windenergieparks in der Nordsee (BeoFINO II)", Förderkennzeichen 0329974A, finden Sie hier als PDF:

Abschlussbericht herunterladen [PDF, 3,3 MB]

Publikation

Eine Veröffentlichung im Journal "Marine Environmental Research 85 (2013)" von Roland Krone, Lars Gutowa, Tanja J. Joschko und Alexander Schröder mit dem Titel "Epifauna dynamics at an offshore foundation - Implications of future wind power farming in the North Sea" finden Sie hier als PDF:

Veröffentlichung herunterladen

Epifauna dynamics at an offshore foundation - Implications of future wind power farming in the North Sea

[PDF, 494,9 KB]